(c) Sebastian Oskar Kroll
„Hot” ist der Song von Riot Spears, der mir vor ein paar Monaten zuallererst irgendwann mal zufällig über den Weg gelaufen ist. Ein 4:30 langes Gitarrenbrett mit straffem Rhythmus und einem Gefühl, was mich nicht mehr losgelassen hat. She’s so ooh la la ging mir tagelang nicht aus dem Kopf und so landete der Song dann auch in meiner Radiosendungen.
Seitdem bin ich drangeblieben und freue mich auf jeden neuen Release der Band.
Diesen Freitag erscheint nun „Bad“, das Debüt-Album des Berliner Trios um Martha Kamrath (Gitarre/Gesang), Svenja Weiß (Bass/Gesang) und Blanca Schmid (Drums/Gesang) auf dem Label Ladies & Ladys. Die Platte klingt für mich nach einer Mischung aus Siouxsie And The Banshees, Hole und PJ Harvey, mit einer Brise Warpaint. Post-Post-Grunge nennt das die Band. What’s not to like? Harte Gitarren treffen auf eine rollende Rhythmusgruppe und einen Gesang, der die Hörer*innen mal zuckersüß, mal röhrend am Kragen packt. Und genau da liegt die Stärke der Songs und der Band – alles ist roh und aggressiv und doch immer wieder durch eine catchy Popmelodie verbunden. (Riot Spears eben.) Man spürt den Schmerz, die Wut und aber auch das zwinkernde Auge, was sagen will: „Wir machen das jetzt so, wie wir das wollen!“. Thematisch geht es in den Songs passenderweise um den ständigen Konflikt zwischen dem Zwang zur Verwertbarkeit des eigenen Lebens und Könnens und dem Wunsch nach Autonomie und Ausbruch aus den vorgegebenen Rollenbildern und dem alltäglichen patriarchalen Albtraum. Ungerechtigkeit, Ungleichheit, Privilegien - Riot Spears schmeißen um, was über Jahre fehlerhaft verwachsen ist. Loud, angry and not sorry at all!
Die Platte könnt ihr auf der Bandcamp-Seite der Band vorbestellen. Los, los!
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DIE LISTE
Die traurigsten Lieblingssongs von Riot Spears
Weil wir zu dritt sind, sind die ersten drei Songs von Blanca ausgesucht, die danach von Svenja und die letzten vier von Martha.
Radiohead - How to Disappear Completely
Svenja: Blanca hat den Song ausgesucht, aber ich bin auch ein mega Radiohead Fan und hab mich gefreut, dass wir sie in der Playlist haben. Ich hab diesen Song im Speziellen nicht so oft gehört, aber dieser Titel hat mir oft im Kopf rumgespukt. Dieses überwältigende Gefühl, sich selbst auflösen zu wollen, um nicht mehr da sein zu müssen, sich im besten Fall im Bett unter der Decke verstecken zu wollen und für dieses Verschwinden eine Anleitung zu haben, das schiebt sich bei mir oft durch den Kopf.
„I am not here, this isn't happening!“ immer zu wiederholen und dann letztlich zu verschwinden, so wie nach einem Zauberspruch.
Blanca: Da kann ich mich nur anschließen. Der Song ist herzzerreißend.
Muse - Sing for Absolution
Blanca: Diesen Song verbinde ich immer mit romantischem Herzschmerz, wobei er eigentlich darum handelt, dass wir Menschen die Erde unwiderruflich kaputt machen.
Hildur Guðnadóttir - Erupting Light
Blanca: Dieses Lied habe ich zuerst bei The Handmaid’s Tale gehört, ein wahnsinnig trauriger Song.
Angela Aux - I dreamed of a death of a friend
Svenja: Angela Aux ist ein professionell trauriges Multitalent. Alle Songs von dem Album In Love with the Demons fühlen sich für mich gleichzeitig schwer und leicht an.
Ich hab es oft gehört, als wir mit einem Auto durch das Death Valley und andere endlose Straßen gefahren sind. Sehr empfehlenswerter Track zum Fahren, egal wann und wohin. Es gibt auch ein großartiges Video dazu.
Weakerthans - left and leaving
Svenja: Die Weakerthans haben mich sehr in meiner Jugend und auch danach begleitet.
My city's still breathing, but barely, it's true
Through buildings gone missing like teeth
The sidewalks are watching me think about you
Sparkled with broken glass.
Lohnt sich sehr den Text mal durchzulesen im Ganzen. Für mich geht es doppelt um Erinnerungen und was übrig bleibt von dem, was war, im Text und auch persönlich in Bezug auf mein vergangenes Leben.
All this time
Lingers, undefined
Someone choose
Who's left and who's leaving
The White Birch - Lantern
Svenja: The White Birch hab ich erst vor ein paar Jahren kennengelernt.
I watched the lanterns tilt
Through days of darkened guilt
I prayed for newborn skies
To lift me up so high
Manchmal sucht man irgendeine Schuld bei sich selber, auch wenn gar keine da ist.
Der Song ist für mich der perfekte kathartische Moment, weil er die Traurigkeit und Schwere vertieft und dadurch auflöst.
Jens Ausderwäsche - Aua
Martha: Ich war mal zu Silvester in Chemnitz bei Rö13. Das war mein schönstes Silvester, denn die Leute dort sind sehr super und alle sehr kreativ und voller Humor. Ich finde die Kunst von Jens äußerst beeindruckend und fühle mich mit diesem abgefahrenen Wäschehaufen voller Kreativität, Witz und Schelm aufgehoben. AUA piekst direkt ins Herz. Dieser Song zeigt wie Lyrik und Musik direkt aus dem Inneren kommen kann, ohne arrangiertes Balladengehabe und zeigt sich gerade dadurch so verletzlich und wunderbar. “Die meiste Zeit sitz ich Zuhaus und reime Haus auf raus.”
Batrider - Toilet Song
Martha: Batrider ist eine Band, die leider viel zu wenig Menschen kennen. Deshalb höre ich das ganze Album “Why We Can’t Be Together” umso öfter. Sarah Mary Chadwick’s Stimme und die batridischen Gitarrenmelodien ziehen mich an und lassen mich in Trance viele Farben spüren. Der Toilet Song ist einer von denen, der dich runter spült und gleichzeitig tanzen lässt. Eigentlich wollte ich den Ha Ha Song nehmen, aber der ist nicht auf Spotify. Batrider schafft es, dass ich mich gleichzeitig wertlos und voller Kummer und Sehnsucht fühle und dennoch getröstet und voller Tatendrang.
Wrackspurts - Paradies
Martha: Jani und Lisa von den Wrackspurts kenne ich schon eine Weile und die beiden waren und sind mir ein großes Vorbild gewesen, mich zu trauen selber eine Band zu suchen und die Musik auf die Bühne zu bringen. Die Wrackspurts machen außerordentlich tolle Musik und sind auch noch sehr liebe Menschen. Früher haben sie Paradies für den Soundcheck gespielt und ich fand den Song sehr stark und gänsehaut erzeugend. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass sie ihn dann aufgenommen haben. Paradies beschreibt, inwiefern Menschen und Kapitalismus nicht zusammenpassen und wie manche Häuser in denen wir wohnen viel zu groß sind.
Chad Vangaalen - Rabid Bits of Time
Martha: Chad Vangaalen hat mich schon durch viele düstere Phasen begleitet. Wenn es mir früher schlimm ging, habe ich oft die Grunge-Klassiker, wie z.B. Alice in Chains gehört. Dann ist mir irgendwann aufgefallen, dass von denen echt schon eine Menge verstorben sind. Da habe ich bewusst nach lebendiger Musik gesucht und habe mich an Chad Vangaalen erinnert. Plötzlich war ich verliebt und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen. Chad Vangaalen singt so schön über das Leben und den Tod und so sanft und phantastisch, dass meine Traurigkeit Trost bekommt, wann immer ich ein Album von Chad Vangaalen höre. Eines der ersten Songs, die mich in den Bann der Chad Vangaalen Dimension gezogen haben, war Rabid Bits of Time. “You’ve been dead for years, but you never knew”, das ließ mich so schaurig gruseln und machte mich so schön träumerisch traurig, dass mir Alienschnurrhaare wuchsen, die weinten.